Das „KWKG 2025“ und die Verlängerung des Vergütungszeitraums bei negativen Preisen für neue Solaranlagen

Liebe Leser,

 

wandelt man ein einstmals verbreitetes Sprichwort nicht unwesentlich ab, könnte man zu der Wendung „Man sieht die Kraft-Wärme-Kopplung vor lauter Solarspitzen nicht mehr!“ gelangen.

So schauen wir also doch zumindest kurz hin, denn am ersten April ist das „KWKG 2025“ in Kraft getreten – exakt 23 Jahre nach der Erstfassung des eigentlichen Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Mit dem neuen Gesetz, per dem das bisherige „KWKG 2023“ quasi in die Verlängerung geht, sollen insbesondere laufende KWK-Projekte abgesichert werden, die bis Ende 2026 ihre Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erhalten, bzw. deren Bestellung bis dahin erfolgt sein wird. Mit dieser Anpassung soll den längeren Vorlaufzeiten von insbesondere größeren bereits laufenden Projekten Rechnung getragen werden, die ansonsten bereits im Anlauf ihre finanzielle Perspektive verloren hätten.

Weiterhin verbirgt sich gar nicht allzu viel Spannendes im neuen KWKG. Eine vermeintliche Kleinigkeit schafft jedoch einen passenden Übergang zum Thema „Vergütungsentfall in Zeiten negativer Börsenpreise“, welches ich in meinem letzten Newsletter bereits eröffnet hatte.

So entfällt für Neuanlagen nach dem KWKG 2025 die De-Minimis-Regelung für kleine Anlagen bis 50 kW, die bisher nicht vom Thema negative Börsenpreise (oder im KWKG zusätzlich auch Preise gleich null) betroffen waren. An dieser Stelle mögen sich bei so manchem die Nackenhaare sträuben, der sich noch an das Hin und Her zu diesem Thema von vor einigen Jahren erinnert. Ab wann ist welche Anlage vom Thema betroffen und unter welchen Voraussetzungen ist eine per Pauschalisierungsregel nach § 15 Absatz 4 KWKG ermittelte Menge nun auf die bereits bezuschlagten Vollbenutzungsstunden anzuwenden und wann nicht? Ein wahres Meisterstück legislativer Wankelmütigkeit bei latentem Hang zu unnötiger Komplexität. „Typisch deutsch“?

So erhält das KWKG-Regelwerk zum Thema in der Anwendersoftware also eine neue Zeitscheibe für KWKG-Anlagen mit rechtswirksamer Aufnahme des Dauerbetriebs ab dem 01.04.2025.

 

Schwenken wir hinüber zum EEG, so hatte ich den Wirkungsbeginn der Neuregelungen zum Thema „Vergütungsentfall in Zeiten negativer Börsenpreise“ bereits in meinem vorhergehenden Newsletter umrissen.

Neben der ebenfalls für Neuanlagen bereits vorgestellten Erweiterung des betroffenen Anlagenspektrums sowie der Verkürzung der auslösenden Zeiträume auf die Stunde bzw. ab Börsen-Umstellung dann die Viertelstunde, stellt die allgemeine Vergütungsverlängerung nach § 51a EEG 2023 eine ganz wesentliche Neuerung im Kontext des Vergütungsentfalls in Zeiten negativer Börsenpreise dar, die bisher ausschließlich ausschreibungspflichtigen Anlagen ab dem EEG 2021 vorbehalten war. Weiterhin wurde per § 51a Abs. 2 EEG 2023 eine Sonderregelung zur Vergütungsverlängerung für Solaranlagen eingeführt, die dem besonderen Einspeiseverhalten dieser Anlagen über das Sonnenjahr hinweg gerecht werden soll.

Das Wichtigste vorweg: Auch die allgemeine Verlängerung des Vergütungszeitraums sowie die Sonderregelung für Solaranlagen gelten nicht für Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme vor dem 25.02.2025, was sich aus § 100 Abs. 46 Satz 2 EEG 2023 ergibt.

Der Verlängerungsmechanismus für neue Solaranlagen tickt, kurz umrissen, wie folgt:

Zunächst wird für die Anlage der „klassische“ Verlängerungszeitraum nach § 51a Abs. 1 EEG 2023 ermittelt. Das ist die Anzahl der Viertelstunden, in denen sich die Vergütung im Jahr der Inbetriebnahme und in den darauffolgenden 19 Kalenderjahren auf null verringert hat, aufgerundet auf den nächsten vollen Kalendertag. Optimalerweise werden diese Werte von Beginn an anlagenscharf im jeweiligen System des Anwenders beim VNB gespeichert. Sollte es in diesem doch recht langen Zeitraum einmal zu Systemwechseln kommen, wäre es natürlich auch schön, wenn diese Werte dann migriert würden und das Neusystem einen analogen Datencontainer bietet, denn wer möchte schon, dass die beruflichen Erben in 20 Jahren einmal vor der Frage stehen, für welche Anlage sich denn nun die Vergütung um welchen Zeitraum genau verlängert und dann erst einmal Datenschablonen gewälzt werden müssen? Auf eine sonderbare Art und Weise erinnert einen diese Regelung doch auch irgendwie an die eigene Endlichkeit …

Ist der Verlängerungszeitraum nach § 51a Abs. 1 EEG 2023 für die betroffene Solaranlage ermittelt, wird dieser mit dem Faktor 0,5 multipliziert, da man pauschal unterstellt, dass die Anlage in den Zeiten von Windspitzen jeweils zu 50% ausgelastet war. Das Ergebnis wird auf die nächste volle Viertelstunde aufgerundet und entspricht einem Zeitkontingent, um das der Regel-Vergütungszeitraum verlängert wird.

Weiterhin wird den betroffenen Solaranlagen nun deutschlandweit einheitlich eine Jahresauslastung von 950 Vollbenutzungsstunden unterstellt, die wiederum nach § 51a Abs. 2 EEG 2023 ertragsspezifisch auf die einzelnen Monate verteilt werden. So werden beispielsweise dem Januar 87 Volllastviertelstunden unterstellt, dem Juni hingegen ganze 508. So beginnt man also, aus dem o.g. Ergebnis so lange die monatsspezifischen Volllastviertelstunden herauszurechnen, bis das initial ermittelte Verlängerungskontingent erschöpft ist. Der Vergütungszeitraum verlängert sich dann abschließend bis zum Ende des Monats, auf den die letzte auszugleichende Volllastviertelstunde entfällt.

Dabei ist weiterhin zu beachten: Endet der ursprüngliche Vergütungszeitraum der Solaranlage untermonatlich, was bei Solaranlagen des ersten und des zweiten Segments in der Ausschreibungspflicht der Fall ist, entsprechen die für die verbleibenden Tage dieses Monats anzulegenden Volllastviertelstunden dem Quotienten aus den nach Ende des Vergütungszeitraums verbleibenden Tagen des Monats und der Gesamtanzahl der Tage dieses Monats, multipliziert mit den jeweils monatsspezifischen Volllastviertelstunden. Mathematisch keine Kunst und doch ist es keine Schande, hier zweimal nachlesen zu müssen.

Ganz einfach – ober möchte man gar sagen: unbürokratisch? Das mag jeder für sich selbst entscheiden. Im Zweifelsfall gilt das eingangs bereits Gesagte: „Typisch deutsch“!

Übrigens – und das führt uns zu unserem vorletzten Thema für heute: Im Jahr 2024 kam es zu 457 negativen Stunden. Runden wir das pauschal auf 400 Stunden pro Jahr ab, da das Stromsystem ja mit der Zeit flexibler wird, und nehmen wir an, dass analog auch jedes Viertelstundenäquivalent negativ gewesen ist, kämen wir nach oben beschriebener Berechnung auf eine Vergütungsverlängerung von grob 4,25 Jahren! Das ist ein stattlicher Wert und folgt der Annahme, dass die Anlagen in den Zeiten negativer Preise ja auch hoch ausgelastet sind.

Nun gibt es auch noch die Regelung aus § 100 Abs. 47 EEG 2023, nach der auch Betreiber von bisher nicht von § 51 betroffenen Bestands-Solaranlagen freiwillig in diese Regelung wechseln können, wenn der Anlagenbetreiber in Textform gegenüber dem Netzbetreiber erklärt, dass diese Regelung nun auch für die Bestandsanlage gelten soll. Diese Erklärung kann dabei nur mit Wirkung frühestens zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anlage mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet wird, abgegeben werden. Nach Wirksamwerden der Erklärung erhöht sich die Vergütung für die Anlage dann um 0,6 Cent pro Kilowattstunde.

Nehmen wir diese Vergütungserhöhung her, berücksichtigen die vermeintlich stattlichen Verlängerungszeiträume und unterstellen wir weiterhin eine hohe Selbstverbrauchsquote, kann dies nur eines bedeuten: Diese Regelung wird einen hohen Anklang im Kreise der Bestands-Anlagenbetreiber finden, denn spätestens die einschlägigen YouTube-Kanäle werden das Konstrukt bewerben. Sollte bei Ihnen aber bereits heute das Telefon klingeln und diese Regelung für Bestandsanlagen angefragt werden: aktuell steht diese noch unter dem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission!

Und wem das alles noch nicht genug war: Unter beihilferechtlichem Genehmigungsvorbehalt steht aktuell auch der neue § 51b, der bestimmt, dass neue ausschreibungspflichtige Biogasanlagen, die nicht Biomethananlage sind, bereits in Zeiten schwach positiver Preise, namentlich Preise kleiner oder gleich 2 Cent pro Kilowattstunde, keine Vergütung mehr erhalten. Eine Vergütungsverlängerung gilt für diese Anlagen explizit nicht. Diese insgesamt „härteren Bandagen“ begründet der Gesetzgeber mit dem großen Vorteil der EEG-Biomasseanlagen: deren Flexibilität!

 

Herzliche Grüße

 

Kai Steinkamp