Liebe Leser,
das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ trägt einen Titel, den man sich ausnahmsweise recht gut merken kann. Die nicht amtliche Abkürzung „EnWGEÜVÄndG“ stellt da bereits eine größere Herausforderung dar.
Da der Titel des Gesetzes bereits die Marschrichtung vieler Inhalte vorwegnimmt, ist die für mich treffendste marktübliche Abkürzung für das am 24. Februar verkündete Gesetz: das „Solarspitzen-Gesetz“.
Bereits in den Tagen vor und nach der Verkündung des Gesetzes wurde das Internet geflutet mit Informationen zu dessen wesentlichen Inhalten. Als Einzelunternehmer, dessen Herzensanliegen es ist, Menschen auf der direkten Anwenderebene zu unterstützen nach dem Motto „Steinkamp EnErGie – Ihr erfahrener Lotse rund um EEG, KWKG und EnWG!“, ist das immer so eine Sache: Reiht man sich da ein mit Informationen, die bereits auf vielen anderen Kanälen kommuniziert wurden? Geht es darum, der Schnellste im Immergleichen zu sein?
Da ich nun keinen helfenden Stab um mich habe und keine Inhalte durch die KI generieren lassen möchte (derlei Texte fallen gerne einmal durch amüsante Rechtschreibfehler auf, die ich schon gerne selber machen möchte), werde ich es weiterhin so halten, dass ich mir immer wieder Themen herauspicke, von denen ich der Meinung bin, dass diese dort interessant sein könnten, wo es zur „direkten Gesetzesanwendung“ kommt. Zumeist habe ich dabei die Verteilnetzbetreiber (Strom) im Blick.
Ein solches Thema könnte beispielsweise sein, ab wann denn zentrale Regelungen der Gesetzesnovelle gelten.
Ich picke mir zunächst eine Frage heraus, die sich EEG-Anwender im Netzbetrieb dieser Tage eventuell stellen mögen:
„Ab wann gelten die neuen Regelungen zu den Steuerungsanforderungen von dezentralen Erzeugungsanlagen und wann ereilt mich als Netzbetreiber die Pflicht (auch wenn man das als Anlagenbetreiber nicht gerne hören mag: es handelt sich hierbei tatsächlich um keine reine Option für den Netzbetreiber!), Pflichtverstöße nach § 52 EEG sanktionieren zu müssen und wie war das gleich mit der neuen 60%- und der alten 70%-Begrenzung?“.
Da das „Solarspitzen-Gesetz“ mit Wirkung vom 25.02.2025 gilt, sind zunächst Anlagen mit Inbetriebnahme ab diesem Datum von den Neuregelungen betroffen.
Für diese Anlagen gilt bis zum Einbau eines intelligenten Messsystems (iMSys) + Steuerbox und erfolgreichem Funktionstest:
- EEG- und KWKG-Anlagen ≥ 25 kW und < 100 kW
- Ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung, dabei zunächst weiterhin Einsatz vorhandener konventioneller Technik z. B. Funkrundsteuerung usw.
- Für Anlagen in der gesetzlichen Einspeisevergütung (+ ggf. Mieterstromzuschlag) muss die Wirkleistungseinspeisung zusätzlich zur herkömmlichen Technik auf 60 % der installierten Leistung begrenzt werden.
- EEG- und KWK-Anlagen < 25 kW
- Für Anlagen in der gesetzlichen Einspeisevergütung (+ ggf. Mieterstromzuschlag) und KWKG-Anlagen muss die Wirkleistungseinspeisung auf 60 % der installierten Leistung begrenzt werden.
- Steckersolargeräte sind von den Anforderungen komplett befreit.
Um in Erfahrung zu bringen, was für Bestandsanlagen gilt, muss man sich mit den Absätzen 3 bis 3b des § 100 der aktuell gültigen Fassung des EEG auseinandersetzen:
- Anlagen bis EEG 2021:
- Bis zum Einbau des iMSys + Steuerbox nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 MsbG bleibt die bereits verbaute Technik zum Steuern der Anlage bzw. die 70% Wirkleistungsreduzierung erhalten.
- Die Aufhebung der 70 %-Regelung wird per Solarspitzen-Gesetz „deaktiviert“, es besteht aber Bestandsschutz, soweit die Aufhebung der Begrenzung vor Ablauf des 25.02.2025 erfolgte.
- Ab dem Jahr 2028 entsteht eine Zahlungspflicht des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber i.H.v. 100 €/a, wenn iMSys + Steuerbox verbaut wurden, aber nicht erfolgreich getestet werden konnten.
- Die Sanktion des aktuellen § 52 EEG auf den neuen § 9 desselben Gesetzes bezieht sich dabei darauf, dass der Anlagenbetreiber seine Anlage technisch so in Schuss halten muss, dass die (dann neu verbaute) Technik des MSB auch funktionieren kann. Bis zum Einbau der neuen Technik bezieht sich die Sanktion auf die Funktion der bisher verbauten Technik, für deren Einbau hingegen der Anlagenbetreiber verantwortlich war.
- „EEG 2023-Altanlagen“ (Inbetriebnahme bis zum 24.02.2025):
- Bis zum Einbau von iMSys + Steuerbox und erfolgreicher Testung muss übergangsweise keine Umsetzung der Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung auf 60 % erfolgen.
- Bis zum Einbau von iMSys + Steuerbox und erfolgreicher Testung müssen EEG- und KWK-Anlagen ≥ 25 kW und < 100 kW die ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung durch konventionelle Technik (bspw. Funkrundsteuerempfänger) vornehmen.
- Bis zum Einbau von iMSys + Steuerbox und erfolgreicher Testung müssen EEG- und KWK-Anlagen ≥ 100 kW die ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung und die Abrufung der Ist-Einspeisung durch konventionelle Technik vornehmen (bspw. z. B. Funkrundsteuerempfänger + registrierende Leistungsmessung).
Bezüglich der Sanktionspflicht nach § 52 EEG kann man festhalten: Bis zum Wechsel ist die „klassische Technik“ per Sanktion zu überwachen mit Verantwortlichkeit beim Anlagenbetreiber. Sobald die neue Technik des verantwortlichen MSB verbaut ist, kommt dieser wiederum in die Pflicht und der Anlagenbetreiber muss nach dem neuen § 9 dann nur noch danach schauen, dass seine Anlage auch ordentlich auf diese Technik reagieren kann.
Sollte es zur Frage einer eventuellen Kostentragung des 60%-Deckels kommen, so kann gesagt werden, dass dasselbe gilt, wie auch schon im Zusammenhang mit dem 70%-Deckel. Ertragsausfälle, die vermutlich durchweg maximal im nicht allzu hohen einstelligen Bereich liegen dürften, sind hinzunehmen und wem es nicht schnell genug geht mit dem Einbau der Technik, dem steht es frei, sich den „passenderen“ MSB zu wählen.
Ein weiteres spannendes Thema ist das mit den negativen Börsenpreisen aus § 51 EEG. Dieses beleuchte ich allerdings in einem nachfolgenden Artikel.
So viel aber schon vorweg: Die Neuregelungen des § 51 EEG gelten für Neuanlagen (Inbetriebnahme ab dem 25.02.2025) sofort – mit allen entsprechenden Folgen.
Demnach sind diese Anlagen ab dem ersten negativen Zeitraum von der Neuregelung betroffen. Ausgenommen sind aktuell Anlagen < 2 kW und Anlagen < 100 kW bis einschließlich des Jahres, in dem ein iMSys verbaut wurde. Bis zur Umstellung auf Viertelstundenprodukte für die einheitliche Day-Ahead-Marktkopplung im Sommer ist der „Zeitraum“ dabei übrigens noch die Stunde!
Herzliche Grüße
Kai Steinkamp