Hurra, hurra, der EEG-Vergütungskatalog für 2023 ist da!

Liebe Leser,


zumindest meiner (den Komparativ des Adjektivs „alt“ vermeide ich bewusst) Generation ist er noch ein Begriff: Ein farblich markant abgestufter Kobold, der mit seinem Schabernack den beschaulichen Alltag eines süddeutschen Schreinermeisters durcheinanderwirbelte.

Im optischen Erscheinungsbild und in seinen Auswirkungen diesem teilweise nicht unähnlich kommt er daher: der EEG-Vergütungskatalog, den die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ausarbeiten und auf ihrer gemeinsamen Internetseite „netztransparenz.de“ veröffentlichen.

Er fasst die kompletten Vergütungsvorschriften des EEG zusammen – beginnend mit dem EEG vom 01.04.2000. Was für eine wertvolle Hilfe im Tagesgeschäft der Verteilnetzbetreiber (VNB)!

Vor einigen Tagen hat das EEG 2023 in den EEG-Vergütungskatalog Einzug gehalten. Ein Dank geht an dieser Stelle an die ÜNB, die diesen, trotz aller außergewöhnlichen Belastungen dieser Tage, so zeitnah veröffentlicht haben und die so gar nichts dafür können für das „koboldhafte“ Wesen dieser Excel-Datei; spiegelt sie doch nur den fortwährenden Schlingerkurs des Gesetzgebers wider, der – den Vergleich weiterführend – das Auf und Ab der Schiffschaukel nachzeichnet, die unser Kobold so liebte.

Richtig bunt in der Datei wurde es ab der Inbetriebnahme in 2009 für „Solar/Gebäude“-Anlagen, die damals kategorieseitig aus dem Pool der „Solar“-Anlagen herausgelöst wurden. Eine Vergütung auf den Selbstverbrauch sollte her – unter Einsatz einer virtuellen Hin- und Rücklieferung desselben, damit der Staat auch etwas davon hat, beim lieben Kleinunternehmer. Ab dem Sommer 2010 wurde es nochmals bunter mit der erhöhten Förderung für den Selbstverbrauch, der 30% der Erzeugung übersteigt. Da wurden dann schon mal 13 Vergütungskategorien nötig, um eine „Solar/Gebäude“-Anlage abzurechnen!

Mit dem EEG 2012 n.F. vom 01.04.2012 wurden diese massiven Eigenverbrauchsprivilegien für Neuanlagen wieder gestrichen und gleich auch noch Vergütungsbeschränkungen wie das „Marktintegrationsmodell“ eingeführt, das so gar nicht dazu geeignet war, EEG-Anlagen in den Markt zu integrieren. Die Einführung einer monatlichen Degression auf die Vergütung von „Solar/Gebäude“-Anlagen sorgte zudem dafür, dass nun pro Jahr für diese Anlagentypen 48 an Stelle der 3 üblichen Vergütungskategorien (bis 2008) notwendig wurden, um ihrer vergütungsseitig Herr zu werden.

Mit dem EEG 2014 kam dann die Umlagepflicht auf den inzwischen nicht mehr vergüteten Eigenverbrauch hinzu. Die 180-Grad-Wende in Sachen Selbstverbrauchsvergütung war vollzogen.

Die Vergütungskategorien ab Inbetriebnahme in 2023 muten schon fast wie eine Rückbesinnung auf das EEG 2004 an: schlanke Strukturen ohne unterjährige Degression. Gut – kleine Änderungen mussten umgesetzt werden, wie der neue Schwellwert für die Ausschreibungspflicht. Aber sonst? Das EEG 2023 wurde durch die Herausnahme der Regelungen zur ab dem 01.01.2023 endgültig entfallenden EEG-Umlagepflicht um einige Seiten schlanker. Im EEG-Vergütungskatalog scheint diese Verschlankung ebenfalls angekommen zu sein – sogar in dem Teil, der bei jedem Anwender vermutlich eher unangenehme Emotionen weckt: der mit den Sanktionen. Ab 2023 werden 163 Sanktionskategorien entsorgt und durch „nur“ 134 neue ersetzt. Diese haben es aber in sich, wie schon der Titel des auslösenden § 52 EEG erahnen lässt. Aus der „Verringerung des Zahlungsanspruchs bei Pflichtverstößen“ der noch aktuellen Fassung des EEG wurde ein „Zahlungen bei Pflichtverstößen“ im EEG 2023.

Den neuen Mechanismus des §52 EEG 2023, demnach, beginnend mit dem 01.01.2023, alle Betreiber von EEG-Anlagen bei Pflichtverstößen Strafzahlungen zu leisten haben und sich diese teilweise, bei Pflichterfüllung, rückwirkend bis zum Beginn des Pflichtverstoßes wiederum reduzieren, haben die ÜNB gelungen in „Vergütungs“-Kategorien gegossen.

Die Umsetzung der neuen Regelung im Tagesgeschäft bei den VNB wird jedoch ungleich aufwendiger. Allein schon die operative Abwicklung gemäß den Vorgaben des Gesetzgebers bringt Fragen und massive Änderungen zu den bisherigen Abläufen mit sich. Nicht nur die Implementierung und die „Terminkette“ sind aber ein Thema. Da ist auch noch der Anlagenbetreiber, der schnell zum Telefonhörer greift, wenn auf einmal eine monatliche Rechnung von „bösen“ VNB kommt! Dann die rückwirkende Absenkung der Sanktionshöhe ab Behebung des Sanktionsgrundes bis zu dessen Auftreten und die Deckelung bei multiplen Sanktionsgründen. Und was sagt eigentlich das Steuerrecht zu den Sanktionspositionen?

Das Fazit auch bei diesem Thema: Die Lobby der Fachanwälte und Steuerspezialisten darf sich freuen – die VNB können einmal mehr nur den Kopf schütteln ob der Praxisferne der Regelung, die wieder einmal Fragen aufwirft und unnötige Aufwände verursacht, anstatt den Netzbetreibern praktikable rechtliche Werkzeuge an die Hand zu geben.

Sie haben Fragen zum EEG 2023 oder möchten sich fachlich austauschen? Ich bin gerne für Sie da!


Übrigens – soweit Sie beim VNB für die lieben dezentralen Erzeuger zuständig sind:

  • Haben sich auch alle Betreiber von „Solar/Gebäude“-Anlagen mit einer Inbetriebnahme ab dem 30.07. dieses Jahres, die ab Inbetriebnahme die erhöhte Volleinspeise-Vergütung nach §100 Abs. 14 Satz 2 EEG 2021 für 2022 in Anspruch genommen haben, vor dem 01.12. bei Ihnen für das Jahr 2023 gemeldet? Wenn nein, beachten Sie bitte, dass in solchen Fällen für 2023 in Ihrem Abrechnungssystem die Auszahlung rein der Vergütungssätze für die Überschusseinspeisung an den betroffenen Anlagen hinterlegt werden muss.
  • Haben sich alle Betreiber von Anlagen, die ab dem 01.01.2023 aus der Vergütung fallen und die ab diesem Datum keinen Anspruch mehr auf eine Vergütung haben, bezüglich Bilanzkreiswechsel ebenfalls bis zum 30.11. bei Ihnen gemeldet? Zwar greift ansonsten die „Zuordnungsfiktion“ nach §21c Abs. 1 Satz 3EEG, jedoch wird dieser „bilanzkreistechnische Behelf“ im Nachgang sicher zu Diskussionen führen – denn betriebswirtschaftlich ist das natürlich ein Totalausfall für den Anlagenbetreiber.


Ihr

Kai Steinkamp