Schnell gemacht – wenig gedacht? Das Aussetzen der Höchstbemessungsleistung für 2022 & 2023

Liebe Leser,


zu denen, die sich über beihilferechtliche Genehmigungen der EU-Kommission zu Regelungen aus dem EEG freuen, gehören die Verteilnetzbetreiber (VNB), themenabhängig natürlich, nicht immer bis selten. Letzteres natürlich eine reine Annahme meinerseits!

Wundern würde es mich jedoch sehr, wenn es auch nur einen VNB gibt, der sich über die beihilferechtliche Genehmigung des § 100 Abs. 16 EEG 2021 in der ab dem 13.10.2022 geltenden Fassung gefreut hat.

Als Hau-Ruck-Maßnahme, um die Produktion auch in EEG-Biogasanlagen, die keine Biomethananlagen sind, zu steigern, wurde verfügt, dass für die Kalenderjahre 2022 und 2023 die Begrenzung der ungekürzten Einspeisevergütung in diesen Anlagen auf deren Höchstbemessungsleistung ausgesetzt werden soll. Ja nun – das ist in den Abrechnungssystemen vermutlich recht leicht dadurch erreicht, indem man für diese Jahre die Höchstbemessungsleistung gleich der installierten Leistung setzt bzw. die Begrenzung anderweitig abschaltet.

Nicht selten beziehen Betreiber von o.g. Anlagen zusätzlich noch die Flexibilitätsprämie (FLP) bzw. den Flexibilitätszuschlag (FLZ) von ihrem VNB. Ohne in die Tiefe zu gehen: „Produziert“ (der Physiker möge mir verzeihen) eine Anlage wunschgemäß mehr Strom, so steigt unweigerlich ihre Bemessungsleistung, was im Term zur Berechnung der FLP wiederum dazu führt, dass diese im Ergebnis sinkt. Beim nicht arbeits- sondern leistungsgebundenen FLZ ist dies natürlich nicht der Fall.

Nun wird der Gesetzgeber aktiv und bestimmt, dass auch der FLZ gekürzt werden müsse, was zunächst gerecht gedacht ist. Aus Steigerung der Bemessungsleistung durch erhöhte Stromproduktion erzielte Mehrerlöse sollen auf den FLZ angerechnet werden – und ab jetzt wird es dünn.

Mehrerlöse seien demnach nur solche, die durch die Mehrproduktion an Strom erzielt würden, die durch diese Regelung hervorgerufen wurde. Gemeint sein muss dann wohl, so ein naheliegender erster Gedanke, der Strom, der die bisher geltende Höchstbemessungsleistung der Anlage übersteigt. Mathematisch keine Herausforderung.

Die Einschränkung geht aber weiter, denn als Mehrerlös soll darüber hinaus nur das gelten, was den anzulegenden Wert der in der Anlage erzeugten Strom zuzüglich 1 Cent/kWh übersteigt. Der anzulegende Wert der Anlage (das wurde ja letzten Sommer sogar gesetzlich ausformuliert, dass hier der Durchschnitt gemeint ist) wiederum bleibt durch die Produktionssteigerung maximal gleich oder sinkt tendenziell durch die ggf. resultierende Verschiebung der Strommengen innerhalb der Leistungszonen. Nimmt man nun diesen anzulegenden Wert her und erhöht ihn nochmals um einen Cent pro kWh kann man lange warten, bis sich abzugsfähige Mehrerlöse nach § 100 Abs. 16 Satz 3 EEG 2021 ergeben. Vielmehr sieht man vor dem (vermeintlich!) derart definierten abzugsfähigen Mehrerlös ein dickes Minus.

Überhaupt nur zum Tragen kommt der geplante Abzugsbetrag, wenn man davon ausgeht, dass der Anlagenbetreiber bisher auch schon die Höchstbemessungsleistung überschritten hat, der Marktwert kleiner ist, als der (ggf. durchschnittliche) Zonenpreis der für diesen Strom ohne Deckelung gegolten hätte und die Anlage dann darüber hinaus natürlich nochmals mehr produziert hat – wie vom Gesetzgeber bezweckt. Diese Differenzmenge, wie auch immer belastbar bestimmt, müsste dann natürlich vom Anlagenbetreiber kommen.

Ich gebe zu: Das alles ist jetzt vielleicht noch nicht einmal zu kompliziert, sondern schlicht und einfach nur falsch gedacht.

Und genau das ist der Punkt. Allein schon dieses falsch Denken hat Zeit und Energie gekostet. Vielleicht ist Ihnen das auch schon passiert mit einer Regelung aus dem EEG oder KWKG?

So wird die Energiewende nicht nur durch Lieferengpässe, sondern auch durch unverständliche Regelungen erschwert. Wäre es nicht eine Idee, an diesen Stellen die Gesetzesbegründungen jeweils um praxisnahe Rechenbeispiele zu ergänzen? Denn wie man es dreht und wendet: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den VNB sind Praktiker – zum Glück. Denn die braucht es, damit die Energiewende gelingt!


Für das „EEG-Management“ beim VNB:

Sollten Sie zu o.g. Thema echte oder vermeintliche Anwendungsfälle haben – ich freue mich über jede unverbindliche Diskussion und gemeinsame Analyse, so dass spätestens nach dem 28.02. alles passt mit der Biogasabrechnung!


Ihr


Kai Steinkamp