Liebe Leser,
bereits in meinem Newsletter vom 12. Mai hatte ich das Ende der umsatzsteuerrelevanten virtuellen Hin- und Rücklieferung von vergütetem Selbstverbrauch thematisiert. Zugegeben: Die ein oder andere Emotion war und ist auch mit im Spiel – wie es eben so ist, wenn man von Anfang an operativ vom Thema betroffen war, das außer so einigen umsatzsteuerrechtlichen Gedankenspielen der Finanzbehörden ansonsten wenig Substanzielles zu bieten hatte; mit Ausnahme der Arbeit natürlich, die einmal mehr bei den Verteilnetzbetreibern angefallen war.
Warum greife ich das Thema nochmals auf?
Einerseits: Zum Urteil vom 29. November 2022 (XI R 18/21) mit seiner zentralen Aussage „Die Zahlung eines KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral verbrauchten Strom gemäß § 4 Abs. 3a KWKG 2009 führt nicht zu einer Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG.“ wie auch zum Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. März 2025, das PV-Anlagen mit vergütetem Selbstverbrauch analog mit einbezogen hatte, wurde schon viel geschrieben.
Andererseits: Der in letztgenanntem Schreiben zugesicherte Duldungszeitraum bezüglich der Weiteranwendung der bisher angewandten Praxis endet bald. Genauer: mit Ablauf des 31.12.2025. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Ausschöpfung des Duldungszeitraums gegenseitige Übereinstimmung (hier: zwischen VNB und Anlagenbetreiber) voraussetzt. Kommt demnach ein Anlagenbetreiber bereits vor 2026 auf Sie als Netzbetreiber zu, entsteht sofortiger Handlungsbedarf. Was das bedeutet, beleuchte ich nachfolgend kurz zusammengefasst.
Die Themeninhalte im Kurzüberblick
Vergüteter Eigenverbrauch: Kein Leistungsaustausch, aber Duldungsfrist bezüglich des alten Vorgehens bis zum 31.12.2025. Ab dem 01.01.2026: Zwingend abzubilden als nichtsteuerbarer echter Zuschuss.
Echte Netzeinspeisung: Leistungsaustausch, daher auch keine Duldungsfrist nötig. Vergütungszahlungen daher nach wie vor zunächst grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig.
Achtung bei echter Netzeinspeisung mit Direktvermarktung: Da auch in diesem Falle kein Leistungsaustausch zwischen Netz- und Anlagenbetreiber vorläge, gelte dasselbe wie beim vergüteten Eigenverbrauch! Demnach: Duldungsfrist bezüglich des alten Vorgehens bis zum 31.12.2025. Aber: Ab dem 01.01.2026 dann auch hier zwingend abzubilden als nichtsteuerbarer echter Zuschuss! Im Übrigen so nur relevant für KWKG-Anlagen. Für EEG-Anlagen ist das Thema bereits umgesetzt per Nichtsteuerbarkeit der Marktprämie!
Welche An- und Herausforderungen kommen auf die Netzbetreiber zu?
Bezüglich der Einspeisevergütung (bspw. nach dem EEX-Quartalspreis
/ „KWK-Index“) für KWKG-Anlagen wird die virtuelle Hin- und Rücklieferung spätestens ab 2026 beendet (dies gilt im Übrigen analog für die vermiedenen Netznutzungsentgelte, soweit bisher so umgesetzt). Bei EEG-Anlagen mit vergütetem Selbstverbrauch wird diese technisch weiterhin durchgeführt, da ansonsten der EEG-Vergütungskatalog der vier Übertragungsnetzbetreiber rückwirkend hätte geändert werden müssen. Sowohl für die selbstverbrauchte Erzeugung als auch für die Rückvergütung für den Selbstverbrauch fällt jedoch spätestens ab 2026 keine Umsatzsteuer mehr an.
Spannender mögen die Umsetzungen zum KWKG-Zuschlag sein. Seit dem KWKG-2016 liegen separate Zuschlagskategorien für Einspeisung und Eigenverbrauch vor. Bis einschließlich des KWKG-2012 war dem nicht so. Zuschlagsrelevant war immer die komplette KWK-Nettostromerzeugung: Abgebildet über jeweils eine gemeinsame Zuschlagskategorie pro Leistungszone. Herausforderung: die Zuschlagskategorien als solche bleiben gleich. Es sind jedoch separate Mengen innerhalb derselben Zuschlagskategorie(n) zu bilden, um diese jeweils entsprechend separat umsatzsteuerlich einordnen zu können.
Ach ja: Auch wenn Sie zu den Netzbetreibern gehören, die das Glück haben, den Duldungszeitraum ausschöpfen zu können, so ist der Stichtag 01.01.2026 dennoch mit Vorsicht zu genießen bei der Umsetzung der Anforderungen, denn eine Abrechnung zum 31.12.2025 impliziert meist auch immer eine Abschlagsberechnung für das Folgejahr…
Was gilt für Zeiträume vor 2026, wenn der Anlagenbetreiber Widerspruch einlegt?
Die Nichtbeanstandung bis zum 31.12.2025 gilt, wie bereits eingangs erwähnt, nur, wenn beide Seiten übereinstimmend die alte Praxis bezüglich des USt-Ausweises fortführen.
Sobald ein Anlagenbetreiber jedoch widerspricht oder eine Änderung beantragt, kann das Finanzamt eine sofortige und auch rückwirkende Korrektur verlangen. Der Netzbetreiber muss in diesem Falle jeweils berichtigte Umsatzsteuererklärungen einreichen und die entsprechenden Rechnungen bzw. Gutschriften an den Anlagenbetreiber korrigieren – auch für mehrere Jahre in die Vergangenheit!
Und die VNB-Abrechnung als solche?
Bezüglich der Abrechnungen der Verteilnetzbetreiber gegenüber den Anlagenbetreibern kann in diesem Sinne der separate Rechnungsbeleg für die virtuelle Rücklieferung entfallen. Darüber hinaus sollten die entsprechenden Positionen jeweils als nichtsteuerbarer echter Zuschuss ausgewiesen werden.
In eigener Sache
Haben Sie Fragen zu diesem oder anderen Themen rund um die Vergütungsmechanismen nach EEG und KWKG? Ich bin jederzeit gerne für Sie da!
Herzliche Grüße
Kai Steinkamp