Liebe Leser,
das „Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften“ (3. Novelle des EnSiG) vom 08. Oktober (Inkrafttreten: 13. Oktober) und dessen Auswirkungen auf das EEG 2021 und EEG 2023 wurden quer durch die Medien bereits vielfach dargestellt. Stichwort u.a. „70%-Begrenzung“ nach § 9 EEG, oder auch die sinnhafte Korrektur bei „Agri-PV“ ab 2023 – da möchte ich Vorredner nicht ungebührlich zitieren.
Gerne setze ich mir aber wieder die Verteilnetzbetreiber-Brille auf, die sich tatsächlich noch immer höchst vertraut anfühlt!
Mit Spannung lauerten wir also darauf, wie wohl die ÜNB die „Zweigleisigkeit“ der Vergütung für „Solar/Gebäude“-Anlagen ab Inbetriebnahme 30.07.2022 umsetzen würden (Anforderung aus dem beihilferechtlich genehmigten § 100 Abs. 14 EEG 2021; siehe dazu Newsletter #1). Das Ergebnis, das kürzlich veröffentlicht wurde? „Erwartungsgemäß“! Getrennte Kategorieschienen mit jeweils voller Vergütungshöhe (zum Glück kein Bonus für die Volleinspeisung!) und Verarbeitung des Paragrafen und der Zonennummer im Vergütungsschlüssel.
Die Umsetzungsarbeiten in den Systemen, die direkt über die ÜNB-Vergütungskategorien abrechnen, können also nun abgeschlossen werden. Anwender von Systemen, die per Tarifen abrechnen, waren ggf. bereits tätig.
Die o.g. Anpassungen müssen umgesetzt werden und die ein oder andere Abrechnung nach dem 29.07. wird ggf. neu aufgelegt werden müssen – alles Arbeit natürlich, die für den VNB „oben drauf“ kommt. Es hätte aber schlimmer kommen können: wäre nämlich neben § 100 Abs. 14 EEG 2021 nämlich auch Abs. 16 beihilferechtlich genehmigt worden, den uns ebenfalls das „EnSiG 3.0“ beschert hat.
In diesem geht es um nach dem EEG vergütete Biogasanlagen mit Ausnahme von Biomethan. Für diese Anlagen sollte, für die Jahre 2022 und 2023, die Deckelung der Vergütung auf die Höchstbemessungsleistung ausgesetzt werden. Das wäre in Sachen Umsetzung eine weitere „Abrechnungs-Sonderlocke“ geworden, aber noch machbar. Schon etwas anspruchsvoller: die Umsetzung des Satzes 2, demnach die Mehrerlöse aus o.g. Schwellwertaussetzung auf einen eventuell vorliegenden zusätzlichen Flexi-Zuschlag hätten angerechnet werden müssen. Abrechnungsseitig ein deutlicher Mehraufwand, der dann auch gleich wieder in seinem Effekt beschnitten worden wäre.
Die Krone aufgesetzt worden wäre dem Ganzen aber per Satz 3: „Als Mehrerlöse im Sinne des Satzes 2 gelten nur Einnahmen, die für den zusätzlich erzeugten Strom erzielt werden und die den anzulegenden Wert für den in der Anlage erzeugten Strom um mehr als 1 Cent pro Kilowattstunde übersteigen.“
Auch wenn man, im Falle der beihilferechtlichen Genehmigung des § 100 Abs. 16 EEG 2021, für die Umsetzung noch kein Doktor der Mathematik hätte sein müssen, so zeigt sich doch einmal mehr, dass umsetzungsseitiger Aufwand, der insbesondere beim VNB anfällt, beim Gesetzgeber oftmals nicht berücksichtigt oder durchdacht wird. Die Kosten dieses Aufwands werden dort offensichtlich nicht berücksichtigt und dem gewünschten (finanziellen) Nutzen für die Allgemeinheit gegenübergestellt. Auch wenn es sich hierbei rein um meine persönliche Meinung handelt: Zu wünschen wäre, dass neben Juristen Praktiker noch deutlich stärker zu Wort kommen im Gesetzgebungsprozess. Dieser Wunsch ist inzwischen wohl schon fast so alt wie das EEG selbst!
Ihr
Kai Steinkamp